"Das Wohlbefinden von Kindern kann mit keinem Geld der Welt aufgewogen werden"

Meine Rede im Plenum zum Thüringer Gesetz zur Förderung der Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder (ThürFKG)

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

liebe Besucher*innen,

werte Kolleg*innen,

mit dem vorliegenden Gesetzentwurf möchte die Landesregierung das ThürFKG – also das Thüringer Gesetz zur Förderung der Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder ändern.

 

(Liebe Besucher*innen, wir haben hier im Landtag so eine seltsame Angewohnheit:

Wir geben Gesetzen gern total lange, unverständliche Namen, nur um diese dann durch noch unverständlichere Abkürzungen zu ersetzen. Aber keine Sorge, Sie müssen sich im Moment nur merken, dass jedes Mal, wenn das Kürzel ThürFKG genannt wird, das Thüringer Gesetz zur Förderung der Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen für Kinder gemeint ist.

Im Gegensatz zum Namen ist das gar kein kompliziertes Gesetz.

Darin ist lediglich das Thüringer Einladungs- und Erinnerungsverfahren für die Früherkennungsuntersuchung (auch so genannte U-Untersuchung) sowie das Verfahren für ggf. folgende Meldungen an das Jugendamt gesetzlich beschrieben.)

 

Das bereits 2008 in Kraft getretene Gesetz soll nun, aufgrund seiner positiven Auswirkungen auf Kindergesundheit und Kinderschutz, um weitere fünf Jahre verlängert werden.

 

Geschichte des ThürKJHAG

Bereits vor 10 Jahren forderten die Bundesländer die Einführung eines bundesweit einheitlichen Einladungs- und Erinnerungsverfahrens für die Früherkennungsuntersuchungen für Kinder.

Doch bis heute ist der Bundesgesetzgeber dieser Forderung nicht nachgekommen.

Daher haben fast alle Länder, so auch Thüringen, eigene Eiladungs- und Erinnerungsverfahren eingeführt.

 

Was soll geändert werden?

Thüringen hat dabei - im Vergleich zu anderen Bundesländern - ein recht engmaschiges Netz des Gesundheits- und Kinderschutzes von Klein- und Vorschulkindern entwickelt.

Nur wenige Eltern in Thüringen versäumen die Früherkennungsuntersuchungen für ihre Kinder. Jahr für Jahr werden dadurch zwischen 97 und 98 % erreicht.

Bei Kindern, welche auch nach einer Erinnerung nicht am Untersuchungstermin teilnehmen, wird das Jugendamt informiert. Dieses entscheidet dann, ob es die Eltern einlädt oder sie in der Wohnung aufsucht.

Deshalb ist es notwendig – und dies hat auch die schriftliche Anhörung im Ausschuss ergeben - dass die Gültigkeit des Gesetzes um weitere 5 Jahre verlängert wird.

Zudem sind redaktionelle Anpassungen notwendig.

 

(Für Sie zu Erläuterungen, liebe Besucher*innen:

Es wurde z. B. die Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres (kurz: Kinder-Richtlinien) verändert und umbenannt in: Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Früherkennung von Krankheiten bei Kindern (also nur noch Kinder-Richtlinie) – und da ist es natürlich richtig und wichtig, wenn auch bürokratisch, die Verweise im ThürFKG daran anzupassen.

Die Kinder-Richtlinie ist eine wichtige Grundlage für das ThürFKG, denn darin sind die Kriterien für die Früherkennungsuntersuchungen U1 bis U9 - also von unmittelbar nach der Geburt bis zum Alter der Kinder von etwas über 5 Jahren - festgelegt.)

 

Warum ist das sinnvoll?

Die vom Land Thüringen im April durchgeführte Befragung und die im Ausschuss durchgeführte Anhörung der Jugendämter, des Thüringer Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte sowie des Vorsorgezentrums für Kinder am Landesamt für Verbraucherschutz hat deutlich gemacht, dass das ThürFKG wesentlich zur Verbesserung von Kindergesundheit und Kinderschutz beigeträgt.

So hat das hiesige Einladungs- und Erinnerungsverfahren die Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen signifikant erhöht und ist mittlerweile auf einem stabilen sehr hohen Niveau. Dadurch erhalten fast alle Thüringer Kinder eine wissenschaftlich anerkannte Untersuchung zur Früherkennung von Gesundheitsstörungen, welche die normale körperliche oder geistige Entwicklung beeinträchtigen oder gefährden. 

Und ich denke, dass allen klar sein dürfte, dass je früher eine solche körperliche oder geistige Störung erkannt und behandelt wird, desto besser die Chancen auf Heilung sind.

Außerdem haben die Jugendämter angegeben, dass die an sie weitergeleiteten Informationen - z. B. über Nichtteilnahme an der Untersuchung - dazu beitragen konnten Anzeichen einer Kindeswohlgefährdung wahrzunehmen oder Hilfebedarf bei Familien schneller zu erkennen und zu unterstützen.

Allein die Möglichkeit der schnelleren Intervention der Jugendämter spricht doch für das ThürFKG.

 

Welche Kritik gibt es?

Natürlich gibt es auch Kritik an diesem Gesetz. Der bürokratische Aufwand, der mit den Einladungen, Erinnerungen und dem Meldeverfahren einhergeht, ist sehr hoch, birgt die Gefahr menschlicher Fehler und kann natürlich noch optimiert werden.

In der schriftlichen Anhörung kam daher häufig die Anregung, die Meldeformulare sowie das Verfahren zu evaluieren und zu verbessern.

Die Kritik ist natürlich begründet, aber nicht im Rahmen dieser Gesetzesänderung zu lösen. Denn die Ursachen für Falschmeldungen sind nicht im Gesetz begründet, sondern im Vollzug bzw. bei der Umsetzung der gesetzlichen Regelungen.

Das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie hat  daher in der Beratung des Sozialausschusses Anfang Dezember zugesichert, dass es weitere intensive Gespräche mit allen am Verfahren Beteiligten geben wird. Ziel ist es das Meldeverfahren zu effektivieren sowie eine Evaluierung zu veranlassen.

Im Zuge dieser Kritik am Meldeverfahren aber eine Kosten-Nutzen-Rechnung aufzumachen halte ich für moralisch mehr als fatal. Denn:

Wie viel ist Ihnen ein gesundes Kind wert?

Wie viel kostet Kindeswohl?

Wie viel sind wir alle bereit in den Kinderschutz zu investieren?

Im Moment haben wir zur Verlängerung des Gesetzes keine Alternative. Eltern, Kinderärzte und Jugendämter bestätigen den positiven Nutzen des ThürKFG für Kindergesundheit und Kinderschutz.

Und selbst wenn das ThürFKG nur der Kindergesundheit dient und nicht dem Kinderschutz, so wie es die kommunalen Spitzenverbände behaupten. Selbst dann, lohnt sich doch der damit verbundene Aufwand.

Denn das Wohlbefinden von Kindern kann mit keinem Geld der Welt aufgewogen werden.

Ich bitte Sie daher diesem Gesetzentwurf der Landesregierung zuzustimmen.

Vielen Dank

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