"Azubi-Ticket Jetzt!"

Meine Rede im Plenum des Thüringer Landtages zur Aktuelle Stunde zum Thema: "Das Thüringer Azubi-Ticket - ein wichtiger Schritt zu mehr Teilhabe junger Menschen in Thüringen".

 

Sehr geehrter Frau Präsidentin,

liebe Besucher*innen,

liebe Zuhörer*innen am Live-Stream,

liebe Kolleg*innen,

bekanntlich macht der demografische Wandel auch vor Thüringen nicht Halt. Das hat zur Folge, dass die Anzahl der Fachklassen und Berufsschulen abnimmt und die Wege für die Auszubildenden immer länger werden, während gleichzeitig ihre Ausgaben für Fahrt und Unterbringung stetig steigen. In der Vergangenheit sind daher wiederholt Fälle bekannt geworden, in denen sowohl Schüler*innen als auch Auszubildende den Schulort oder den Ausbildungsgang gewechselt haben, weil sie die Fahrtkosten nicht bewältigen konnten. Die Jugendberufshilfe weißt außerdem daraufhin, dass viele Jugendliche aus diesen Gründen gar nicht erst eine Berufsausbildung beginnen, sondern sich gleich für eine wohnortnahe Alternative entscheiden. Im Vergleich zu Studierenden, deren Wege oft kürzer sind und die meist auf günstigere Semestertickets zurückgreifen können, gibt es demzufolge einen dringenden Unterstützungsbedarf für die Mobilität der Berufsschüler*innen.

Mobilität ist gerade für junge Menschen ein grundlegendes Thema, welches sich nicht nur auf den Bereich der Schule und Ausbildung beschränkt, sondern auch in den Bereich von Freizeit und Familie hineinwirkt. Mobilität beeinflusst die Lebensqualität von Jugendlichen im erheblichen Maße und dies vor allem im ländlichen Raum. Außerdem ist eine bessere Unterstützung Auszubildender natürlich auch ein wichtiger Punkt, um die Ausbildungsattraktivität in Thüringen zu stärken, Abbrüche zu vermeiden und die Abwanderung junger Fachkräfte entgegenzuwirken.

Dies hat unsere Koalition erkannt und deswegen in einem ersten Schrittdie Richtlinie für Fahrt- und Unterbringungskosten überarbeitet. (siehe dazu: https://www.thueringen.de/th2/tmbjs/bildung/schulwesen/schulsystem/berufsbildendeschule/ ) Als 2. Schritt startete letzten im Herbst das langersehnte Azubi-Ticket, auf welches nun fast 50.000 Berufsschüler*innen Anspruch haben.

Mit dem Azubi-Ticket Thüringen können Auszubildende rund um die Uhr in nahezu ganz Thüringen Zug, Bus und Straßenbahn fahren – so oft sie wollen und wann sie wollen. Das Ticket gilt nicht nur auf dem Weg vom Wohnort zur Berufsschule oder den Ausbildungsplatz sondern auch in der Freizeit.

Mit einer Förderrichtlinie wird allen Kreisen die Teilnahme am Azubi-Ticket ermöglicht. (Das Land ist auf die Mitwirkung der Landkreise angewiesen, weil diese die Aufgabenträgerschaft für den Bus- und Straßenbahnverkehr haben. Das Land ist hingegen für den Schienennahverkehr zuständig.)

Das Azubi-Ticket Thüringen kostet 153,89 Euro je Monat. Davon bezahlen die Auszubildenden lediglich 50 Euro. Die Differenz übernimmt der Freistaat Thüringen. Dafür stehen insgesamt 10 Mio. Euro im Landeshaushalt bereit.

Die gestern veröffentlichten Ergebnisse der Marktforschung zeigen, dass die Nutzer*innen des Azubi-Ticket sehr zufrieden sind. Die Verkaufszahlen sind seit Einführung kontinuierlich gestiegen. Durch das Azubi-Ticket gibt es 6 % mehr Neukund*innen und mehr als 30 % der Ticketinhaber*innen fahren nun häufiger mit Bus und Bahn. So profitiert neben den bisher fast 5.000 Azubis auch der öffentliche Nahverkehr und somit auch die Umwelt davon.

Fast alle Thüringer Landkreise und kreisfreien Städte beteiligen sich an diesem Angebot. Einzig der Landkreis Greiz nimmt nicht teil und schließt damit etwa 2.000 Auszubildende von den Vorzügen des Tickets aus. Eine Gruppe Jugendlicher wollte daher unter dem Slogan „Azubi-Ticket Jetzt!" ein Bürgerbegehren starten. Doch das Landratsamt Greiz hat den Antrag auf ein Bürgerbegehren abgelehnt.

Sehr geehrte Frau Schweinsburg, junge Menschen haben ein Recht auf bezahlbare Mobilität, denn nur so ist es ihnen möglich ihre Ausbildung zu absolvieren und am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Und anstatt Sie junge Leute bestärken, sich für ihre Interessen einzusetzen, vergraulen sie diese nur weiterhin.

Ich halte das für eine Frechheit. Hier wird Politik auf dem Rücken der Schwächsten gemacht. Denn die Nicht-Beteiligung am Azubi-Ticket trifft schlussendlich nicht die rot-rot-grüne Landesregierung, sondern die Jugendlichen vor Ort.

Der vorgebrachte Ablehnungsgrund, dass das Thüringer Azubi-Ticket lediglich ein bis Jahresende befristetes Pilotprojekt sei, ist schlicht und einfach falsch. Für das Azubi-Ticket ist auch im geplanten Haushalt 2020 Vorsorge getroffen. Selbst für den Fall, dass für das Modellvorhaben mehr Mittel als eingestellt benötigt werden, ist Vorsorge getroffen. Insofern ist es mir unverständlich, dass die Greizer Landrätin als einzige oberste Kommunalbeamtin in Thüringen den jungen Menschen in ihrem Landkreis das Azubi-Ticket vorenthält.

Wir stehen solidarisch an der Seite der Gruppe junger Menschen um das Bürgerbegehren „Azubi-Ticket Jetzt!", denn das Azubi-Ticket ist ein Gewinn - nicht nur für Greiz, sondern für den gesamten Ausbildungsstandort Thüringen.

Derzeit wird sogar in Sachsen und Sachsen-Anhalt diskutiert, wie man dort dem Thüringer Beispiel folgen kann. Denn es ist eine Investition in gute Ausbildung, in die Teilhabe junger Menschen, eine Investition dafür, dass Thüringen für Jugendliche attraktiver wird, und dafür, dass sich wieder mehr junge Menschen für eine berufliche Ausbildung entscheiden - und dies auch im ländlichen Raum.

Vielen Dank.